Projektreise des DAZ im Oktober 2015 - Schulbauten von Francis Kéré
Ein Fachbericht von Vereinsmitglied Dipl.-Ing. (FH) Klaus Schümann aus Schwerin zum Projektbereich Schulbauten
Aus dem Inhalt:
Zur Projektreise gehörte auch der Besuch von Trinkwasserbrunnen, deren Bau durch DAZ gefördert wurde, sowie von Schulbauten, die zum großen Teil durch den aus Burkina Faso stammenden Architekten Francis Kéré entwickelt und unter seiner Anleitung gebaut wurden. Hierüber berichtet Herr Schümann, der als Bauingenieur natürlich besonderes Interesse an Planung und Ausführung von Schulbauten unter den Bedingungen dieses Landes hat. Er berichtet unter Anderem über den weltweit agierenden Architekten, seinen eigenen Baustil und seine Art, Materialien und Menschen aus der Region für seine Projekte einzusetzen. Abschließend erhält der Leser noch einen kleinen Überblick über das "Operndorf Afrika" in Burkina Faso, dass Herr Kéré zusammen mit dem deutschen Filmregisseur Christof Schlingensief in´s Leben gerufen hat.
Neben den vielen Objekten, Anlagen, Einrichtungen, Gebäuden und der Schönheit der Natur konnten wir auf unserer Projektreise sehen, was in den letzten Jahren im Bereich der Schulbauten für Fortschritte erzielt wurden. Zunächst statteten wir dem Kinderhaus Frieda in Lomé einen Besuch ab. Dort hatten wir Gelegenheit, uns mit den Kindern und den Patenmüttern zu unterhalten – immer hilfreich unterstützt von unserem Französischexperten Bodo Borowicki und natürlich Etienne Dable. Wir durften sogar einen Blick in die Zimmer der Kinder und in die Funktionsräume werfen. Herzliche Grüße überbrachten wir von der Arbeitsgruppe Hude, die sich seit Jahren um alle Belange dieses Kinderhauses und deren Bewohner kümmert. Auf unserer Fahrt Richtung Norden machten wir einen kleinen Umweg durch Benin und besuchten das Ausbildungszentrum Songhai in Porto-Novo. Dann, nach einigen Hundert Kilometer Autofahrt wieder in Togo angekommen, war für uns am 13.Oktober der Besuch des Bonita-Hauses einer der großen Höhepunkte der Reise. Für vier Mitglieder der Reisegruppe war es übrigens das erste Mal, die nur aus Zeitschrift und Fotos bekannten Gebäude im Original anzusehen, anzufassen und zu begehen.
Und jetzt war das Wirken des Architekten Francis Kéré, der für die Planung der Gebäude zuständig war, erlebbar. Eigentlich wurde Kéré mit dem Bau einer ebenso einfachen wie eleganten Schule in seinem Heimatdorf Gando in Burkina Faso berühmt. Die Erde ist Kérés bevorzugtes Material. Aus Lehmerde wurden auch die ersten Gebäude der Schule gebaut. So begann dann auch seine
Laufbahn als international anerkannter und gefragter Architekt, der für seine wegweisenden Bauten aus Naturmaterialien mehrere hochdotierte Auszeichnungen erhielt. Vor einigen Jahren konnte Herr Kéré auch für die Planung des ersten Schulgebäudes in Dapaong gewonnen werden. Durch sein Wirken für IT Village war überhaupt erst das großartige Schulneubauprogramm in dieser Art und Qualität möglich. Auf unseren weiteren Besichtigungstouren konnten wir auch die Schulen in Kourdjoak, Mandime und Nagre II besuchen, bei denen Francis Kéré die Planungen ausgeführt hatte. Bei allen Gebäuden waren deutlich die Spuren seiner Kreativität und der Verbundenheit mit der Natur zu erkennen. Wir waren begeistert von der Klarheit der Konstruktion, der Wahl der verwendeten Materialien und der schlichten Eleganz der Innenausstattung. Herr Kéré hat es hier verstanden, mit überwiegend in der Region vorhandenem Material und unter Verwendung traditioneller Formen und Farben praktische und dennoch modern wirkende Gebäude zu entwerfen.
Weil Strom in vielen afrikanischen Ländern ein gewisser Luxus ist, hat Francis Kéré hier Möglichkeiten genutzt, Häuser ohne Klimaanlage zu bauen. Dabei machte er sich konstruktive, statische, meteorologische sowie physikalische Kenntnisse über Windströmung und -zirkulation zu Nutze. Ohne aufwendige technische Einrichtungen kann hier ein Raumklima entstehen, dass bei Außen-temperaturen von manchmal 45°C innerhalb der Räume „kühle“ 25°C herrschen können. So werden unter besseren Bedingungen die Lernfähigkeit und die Entfaltung der Kreativität bei den Schülern und Schülerinnen noch besser gefördert.
Auch bei dem Besuch des interkulturellen Dorfes „Operndorf Afrika“, ca. 30 km von der Hauptstadt Burkina Fasos entfernt, spürt man deutlich den Einfluss des Architekten, der natürlich auch hier sein selbstentwickeltes Kühlsystem, basierend auf einem Doppeldach mit Kamineffekt, eingesetzt hat. Der Film- und Theaterregisseur Christoph Schlingensief, der als Initiator und Visionär des Projekts „Oper für Afrika“ gilt, hat Francis Kéré für die Planung gewinnen können. Das Operndorf Afrika versteht sich als globales Kunstprojekt mit der Vision, Kunst wieder mitten im Leben anzusiedeln. Ein besonderes Merkmal der Bauten von Francis Kéré ist auch die Tatsache, dass z.B. die an den Schulgebäuden verwendeten Lehmziegel trotz Mangel an Strom und Wasser lokal hergestellt werden können. So können die Menschen vor Ort die Projekte eigenständig aufbauen und diese anschließend auch warten und reparieren. Die Ausbildung solcher Fachleute ist z.B. im Bonita-Haus in Dapaong in vollem Gange, womit sich der Kreis wieder schließt.